Juli, 20

Cannabinoid-Medikamente haben ein enormes therapeutisches Potenzial, verlässliche Studien fehlen jedoch noch

Cannabinoid-Medikamente haben ein enormes therapeutisches Potenzial, verlässliche Studien fehlen jedoch noch

Seit mehr als zwanzig Jahren versucht die internationale Forschung zum Endocannabinoidsystem im menschlichen Körper, die Wirkungsweise von Cannabis und seinen Bestandteilen zu verstehen. Es gibt zahlreiche Hinweise auf therapeutische Erfolge für den Einsatz von Cannabinoiden bei Indikationen wie Epilepsie oder Schmerztherapie, nicht nur als Zusatztherapie, sondern auch als Erstlinientherapie. Für die Entwicklung sicherer Cannabinoid-basierter Arzneimittel liegen in Österreich jedoch noch keine ausreichenden Daten vor, weshalb eine Forschungsgruppe um den Neurobiologen Tibor Harkany von der Abteilung für Molekulare Neurowissenschaften der MedUni Wien in einem kürzlich veröffentlichten Bericht das enorme therapeutische Potenzial der medizinischen Verwendung von Cannabis zusammenfasste Übersichtsartikel im Top-Journal „Science“.

Es ist der schwierige gesellschaftspolitische Diskurs, der den Fortschritt bei der Entwicklung von Arzneimitteln, die Bestandteile der Heilpflanze Cannabis sativa enthalten, behindert. Einerseits besteht die allgegenwärtige Gefahr, dass Cannabis als Droge missbraucht wird, andererseits besteht der aktuelle Trend einer steigenden Nachfrage nach Produkten, die Cannabinoide enthalten und auf dem Markt frei verfügbar sind.

Tibor Harkany, Neurobiologe und Leiter der Abteilung für Molekulare Neurowissenschaften am Zentrum für Hirnforschung der MedUni Wien, stellt ein widersprüchliches Phänomen fest: „Wir wissen, dass Cannabis bei vielen Krankheiten eingesetzt werden kann, und in gewissem Maße auch bei uns.“ Ich weiß auch, wie es funktioniert. Aber die Tatsache, dass es so viele Produkte auf dem Markt gibt, erweckt auch den Eindruck, dass es bei allem und nichts hilft. Aber tatsächlich ist Cannabis keine Wunderpflanze; es hat ganz bestimmte Verwendungsmöglichkeiten und wir dringend Wir brauchen eine Reihe wissenschaftlicher, evidenzbasierter klinischer Studien zu diesem Thema.“

Die klinischen Wirkungen von Arzneimitteln auf Cannabisbasis beruhen hauptsächlich auf der Aktivierung der endogenen Cannabinoid-CB1- und CB2-Rezeptoren. Die am häufigsten vorkommenden Substanzen der Cannabispflanze sind Delta

  • Tetrahydrocannabiol (THC) und Cannabidiol (CBD), wobei letzteres keine psychoaktive Wirkung hat. Von anekdotischen Beobachtungen bis hin zu mittlerweile sogar internationalen klinischen Studien wurden CBD schmerzstillende, anxiolytische, antiepileptische, antipsychotische, beruhigende und neuroprotektive Wirkungen zugeschrieben. Derzeit ist CBD in einigen Ländern zur Behandlung refraktärer Epilepsie und spastischer Lähmungen zugelassen. In Österreich ist das CBD-haltige Medikament Sativex zur Behandlung von Multipler Sklerose und Krämpfen und Epidiolex zur Behandlung bestimmter genetisch bedingter Epilepsieformen zugelassen. Dronabinol wird auch als Begleitmedikation bei chronischen Schmerzen und in der Krebsbehandlung eingesetzt.
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    Harkany betont sogar den potenziellen Einsatz von Cannabinoiden als Erstbehandlung bei Epilepsie, da sie einen schnellen und günstigen Einfluss auf das Fortschreiten der Krankheit hätten.

    Psychiater Siegfried Kasper, emeritierter Leiter der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der MedUni Wien und Psychotherapie, der über umfassende Erfahrung mit klinischen Studien dieser Art verfügt und bei mehreren Projekten mit Harkany zusammenarbeitet im Interesse der translationalen Forschung fasst zusammen: „Es ist sowohl für den Universitätssektor als auch für Pharmaunternehmen sehr wichtig, Grundlagen- und translationale Studien zu initiieren, um die spezifischen Wirkungen von Cannabinoiden besser zu verstehen. Es hätte eine große Zukunft, wenn wir.“ könnte die Anwendungsformen von Cannabisbestandteilen standardisieren und dann in speziell konzipierten klinischen Studien mit standardisierten Extrakten forschen.“ Beide Wissenschaftler eint die Überzeugung, dass „Cannabis in die evidenzbasierte Medizin einfließen muss“.